Pinoy Boomshrine

Auf den Philippinen hat Karaoke eine besondere gesellschaftliche Be- deutung. In jeder Nachbarschaft steht eine formtypische, fast altar- hafte „Videoke”-Box. Sie bietet Menschen Gelegenheit den schweren wirtschaftlichen Verhältnissen des Landes - wenn auch nur für eine kleine Weile - zu entkommen. Bei reichlich Bier und Rum werden be- sonders zu Celine Dion und Frank Sinatra bunte Balladen durch die Nacht geschmettert. Auf das Phänomen “Pinoy Karaoke” stößt der Küns- tler auf einer ausgedehnten Reise, um Formen von emanzipativen Aneig- nungsprozessen und post-kolonialen Hybridbildungen nachzuspüren.

Besonders merkwürdig zeigt sich ein Phänomen, das Frank Sinatras Song „I Did it my Way“ bereits den Ruf eines verfluchen Liedes ein- brachte: Zahlreiche Unfälle sind auf den Philippinen jährlich zu bekla- gen, bedingt durch das falsche Singen der Hymne beim Karaoke. (vrgl. My Way Killings) In aufgeheizter Simmung sorgt der Song “My Way” regelmäßig für Gefühlsausbrüche und Auseinandersetzungen. Manche Pinoy meinen es gehe um Selbstbestimmung. Andere meinen es handle sich bei „My Way“ um einen Macho Song, der von der Durchsetzung- skraft in einer korrupten Welt erzählt. Böse Zungen behaupten sogar, der Song bringe schlicht Unglück, und man sollte besser vermeiden ihn beim Autofahren zu hören. Die Arbeit „Pinoy Boomshrine“ (2022) zeigt den Nachbau einer philippinischen Boombox, auf der unterschiedliche Versionen von „My Way“ (etwa das französische Origial “Comme l ́habi- tude” oder das Cover der Sex Pistols) zu ganz eigenen Versionsbildungen einladen. Bei der Arbeit handelt es sich um eine taktische Replika, die das Prinzip “Karaoke” kosequent auf skulpturale und kulturelle Versions- bildung überträgt.

https://esel.at/termin/112108/donaufestival-2022-stealing-the-stolen

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